| Die Forschungsarbeiten von Dr. Jana Uher sind
transdisziplinär und konzentrieren sich auf die Erforschung von Individuen.
Sie untersucht Individuen verschiedener Altersgruppen und
soziolinguistischer Zugehörigkeit wie Individuen verschiedener
nichtmenschlicher Spezies, vor allem Primaten. Zentral ist die Entwicklung
des Transdisziplinären Wissenschaftstheoretischen Paradigmas zur Erforschung
von Individuen und ihrer Individual-Spezifität - in Forschung und
Alltagsleben als "Persönlichkeit" bezeichnet (Uher,
2015a,b,c,d). Die Untersuchung und Kategorisierung von
Individual-Spezifität im Erleben und Verhalten stellt ganz besondere
Herausforderungen an die Forschung, da Erleben und Verhalten (im Unterschied
z.B. zum Körperbau) an den unmittelbaren Augenblick gebunden sind und zudem
stark fluktuieren, d.h. sie können sich von einem Moment auf den nächsten
verändern. Einmalige Erhebungen reichen deshalb nicht aus, um
Individual-Spezifität im Erleben und Verhalten zu erfassen.
Darüber hinaus ist Erleben nur dem Individuum selbst, nicht jedoch
anderen Individuen (z.B. Forschern und Beobachtern) direkt zugänglich.
Ungeachtet dessen bilden wir uns im Alltag sehr schnell Eindrücke von der
Individual-Spezifität im Erleben und Verhalten anderer Individuen -
menschlicher wie nichtmenschlicher (z.B. von Haustieren). Für diese
Beurteilungen und intuitiven Kategorisierungen von
"Persönlichkeitsunterschieden" haben wir in unseren Gemeinschaften ein
differenziertes Alltagswissen und ein komplexes alltagssprachliches
Vokabular entwickelt (z.B. Adjektive wie freundlich, verspielt,
draufgängerisch) - das unvermeidlich soziokulturell beeinflusst ist (Uher,
2013).
Direkte Vergleiche zwischen diesen intuitiven und soziokulturell
geprägten "Persönlichkeits-"Beurteilungen mit der tatsächlich im Erleben,
Verhalten, äußeren Erscheinen, Morphologie und Physiologie
wissenschaftlich ermittelbaren Individual-Spezifität von Individuen künnen
tiefgreifende Einblicke in diese vermutlich einzigartig menschliche
Fähigkeit der raschen Eindrucksbildung und Kategorisierung von Individuen
sowie deren Genauigkeit liefern (Uher,
Werner & Gosselt, 2013).
Um diese Fragestellungen umfassend empirisch zu untersuchen, werden
deshalb im TPS-Paradigma wissenschaftstheoretische Konzepte,
methodologische Ansätze und Untersuchungsmethoden verschiedener
Fachdisziplinen integriert und um neue konzeptuelle und methodologische
Entwicklungen systematisch erweitert.
Ein weiteres zentrales Merkmal der Forschungsarbeiten von Dr. Uher ist
deren kultur- und artübergreifende Ausrichtung. Durch die enorme
Diversität zwischen Individuen verschiedener menschlicher Kulturen und
verschiedener Spezies treten grundsätzliche Forschungsfragen der
Wissenschaftstheorie, Methodologie und Methodik besonders deutlich zutage.
Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werfen ein neues Licht auf bisherige,
vor allem in der westlichen Humanforschung entwickelte Ansätze und
Methoden, die nun zum Teil kritisch hinterfragt und neu bewertet werden
müssen.
Dies gilt insbesondere für die häufig verwendeten Fragebogenmethoden.
Zwar sind Fragebögen aufgrund ihrer einfachen und effizienten Anwendung
bei Forschern sehr beliebt, jedoch ist bis heute unklar, wie Personen ihre
Antworten auf Fragebögen überhaupt generieren und folglich, was
Fragebogen-"Messungen" tatsächlich abbilden können (Uher,
2015a,b,c,d). Darüber hinaus eröffnet diese breite
Forschungsperspektive einzigartige Möglichkeiten zur Erforschung
ontogenetischer Entwicklungsmuster sowie sozialer, gesellschaftlicher,
biologischer und ökologischer Mechanismen und Prozesse, die mit
Individual-Spezifität in Zusammenhang stehen. Sie ist auch für adaptive und
evolutionäre Forschungsfragen aufschlussreich, insbesondere hinsichtlich der
zentralen Frage was den Menschen unter allen derzeit existierenden Spezies
nun tatsächlich einzigartig macht (Uher,
2013).
[Publikationen]
|